05. November 2024
Diese Werte sind absolut erreichbar
Vor gut einem Jahr hat Minergie die Treibhausgasemissionen in der Erstellung als Anforderung aufgenommen. Sabine von Stockar, Leiterin Entwicklung und Weiterbildung, erläutert die Hebel zur Minimierung der Emissionen in der Erstellung und wie der neue Grenzwert im Markt ankommt.
- Das Thema «Treibhausgasemissionen in der Erstellung» war bisher in der Fachwelt noch kein grosses Thema. Worum geht es genau?
Es geht um die Emissionen, die bei der Herstellung eines Gebäudes entstehen, zum Beispiel bei der Herstellung der verwendeten Materialien wie Beton oder Stahl oder zur Erstellung der Baugrube. - Wie kommt man zu dieser Bilanzierung?
Dank dem Minergie-Nachweis, der schon viel Arbeit vorwegnimmt anhand von wenigen, aber wichtigen qualitativen Gegebenheiten des Gebäudes, wie Geschossgrösse oder Spannweite, kommt man problemlos zum Resultat. Dieses wird in Kilogramm CO2 äquivalent pro m2 Energiebezugsfläche und Jahr ausgedrückt. - Minergie hat bereits beim Zusatz ECO Erfahrung mit solchen Grenzwerten. Ist der Minergie-Grenzwert im Vergleich zum Minergie-ECO-Grenzwert nun tief oder hoch angesetzt?
Ich sage es mal so: Planende, die sich nicht um diesen Bereich kümmern, erreichen den Wert nicht mehr. Für uns Spezialisten ist es ein hoher Grenzwert, der einfach zu erreichen ist. Für die gesamte Planungswelt, die sich bisher nicht um das Thema kümmern musste, ist es natürlich etwas Neues, das ein Einarbeiten erfordert, bevor der Grenzwert auch für den Minergie-Standard verschärft werden kann. - Wo liegen die Unsicherheiten?
Es wird befürchtet, dass mit der Einführung einer solchen Anforderung gewisse Gebäudetypen oder -lagen diese Grenzwerte nicht erreichen können. Fakt ist, dass es viele Hebel gibt, um die Treibhausgasemissionen zu minimieren – auch für speziellere Gebäude –, die heute noch kaum zur Anwendung kommen. Es gibt einzelne Planende, die die Treibhausgasemissionen seit Jahren auf dem Radar haben, für die sind die seit einem Jahr gültigen Minergie-Grenzwerte überhaupt keine Herausforderung. Sobald die Hebel, die in unserem Tool abgefragt werden können, betätigt werden, geht die Zahl zum Teil massiv runter. So beispielsweise für die Materialwahl oder gerade zu Lastableitungen. Die Auswertungen der knapp 500 Minergie-Projekte, die schon eingereicht wurden, zeigen: Die heutigen Minergie-Grenzwerte sind absolut erreichbar. - Welche Art von Hebeln sind das?
Einerseits müssen die Anforderungen an das Gebäude mit möglichst weniger Material erfüllt werden. Dabei geht es um Themen wie die Reduktion der Spannweite oder die Planung kleinerer Untergeschosse. Andererseits muss das richtige Material eingesetzt werden, also ein möglichst emissionsarmes Material. Trotz deutlicher Unterschiede in Bezug auf Emissionen kann keine generelle Empfehlung für die Materialwahl abgegeben werden, da jedes Material mit seinen Eigenschaften am richtigen Ort und im richtigen Mass seine Berechtigung hat. Die Weiterverwendung von Materialien wie beispielsweise Bodenplatten spart natürlich zusätzlich enorm an Emissionen ein.
Tipps und Tricks zur Minimierung der Treibhausgasemissionen in der Erstellung gibt es bei Minergie WISSEN Kompakt: Treibhausgasemissionen auch in der Erstellung reduzieren