19. September 2024

5 Fragen zum Thema Schwammstadt

Stefanie Steiner, Capoprogetto International & Quartiere

Stefanie Steiner, Projektleiterin Areal und International bei Minergie, spricht über den Mehrwert einer Schwammstadt und das Potenzial der einzelnen Massnahmen.

  1. Stefanie Steiner, die Trockenperioden werden in der Schweiz tendenziell länger. Welche Massnahme des Modells Schwammstadt hat das grösste Potenzial, um Regenwasser vor Ort zu speichern?
    Die Grundidee von Schwammstadt ist, das Regenwasser oberflächennah zu speichern, damit es in Trockenperioden vor Ort zur Verfügung steht. Wir sollten die verschiedenen Massnahmen nicht gegeneinander ausspielen. Welche Massnahmen die richtigen sind, ist abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort. Beispielsweise ist die Begrünung von Flachdächern eine gute Massnahme, da das Wasser auf dem Dach gespeichert und in Trockenperioden von den Pflanzen wieder genutzt werden kann. In einem Areal mit Schrägdächern ist dies aber logischerweise ein schwierig umsetzbares Unterfangen. Hier kann das Dachwasser beispielsweise in angrenzende Grünflächen geleitet werden. Bei schlecht versickerungsfähigem Untergrund kann auch bewusst eine Mulde zur Zwischenspeicherung genutzt werden.
  2. Wie sieht das Potenzial der Böden aus?
    Die Entsiegelung der Böden und das Vermeiden von Unterbauungen von Freiflächen sind zentral. Dadurch kann das Regenwasser oberflächennah gespeichert werden, und Überschüsse können ins Grundwasser versickern. Gut funktioniert die Entsiegelung beispielsweise bei Gästeparkplätzen, Geh- und Velowegen sowie Spielplätzen – überall dort, wo das Regenwasser nicht verschmutzt ist. Solche Plätze zu entsiegeln, gehört zu den ersten und besten Massnahmen.
  3. Welche Beläge werden beim Minergie-Areal beispielsweise für einen Veloweg gefordert?
    Der Belag muss wasserdurchlässig sein. Dies können beispielsweise Sickerbetonsteine mit schmalen Fugen sein. Diese Böden sind nicht gleich versickerungsfähig wie eine Grünfläche, aber sie müssen einen Zweck erfüllen: ein gutes Wegnetz für den Velo- und den Fussverkehr zu gewährleisten. Diese Beläge holpern nicht wie bei herkömmlichem Kopfsteinpflaster und sind auch rollstuhl- und rollatorgängig.
  4. Was ist der Mehrwert einer Schwammstadt?
    Mit der Schwammstadt wird einerseits für Trockenperioden vorgesorgt und die Kühlung im Areal durch Verdunstung des oberflächennah gespeicherten Wassers gesteigert. Andererseits werden die Abwasserleitungssysteme entlastet. In alten Systemen fliesst ein Grossteil des Regenwassers direkt in die Kläranlagen. Bei extremen Regenfällen kann es zu einer Überlastung des Abwassersystems kommen, da die Menge des anfallenden Mischwassers (eine Kombination aus Schmutz- und Regenwasser) die Kapazität der Kläranlage übersteigt. Die Schwammstadt sorgt dafür, dass bei Starkregenereignissen viel Wasser bereits auf dem Gelände gespeichert werden kann und so das Abwassersystem entlastet wird.
  5. Sind gesetzliche Vorlagen in Sicht, die das Modell oder Teile davon fordern?
    Gewisse Gemeinden haben einzelne Aspekte der Schwammstadt als Vorgaben erarbeitet oder bereits umgesetzt. Es gibt vermehrt Vorlagen für Flachdachbegrünungen. Das Minergie-Areal fordert die Prinzipien der Schwammstadt mit einem Paket von Massnahmen. Dazu gehören Anforderungen an die Regenwasserbewirtschaftung und Vorgaben für den Anteil an Grünflächen und Bäumen. Minergie fordert diese Massnahmen ganzheitlich und geht damit einen Schritt weiter.

Weitere Informationen zu den Schwammstadt-Vorgaben des Minergie-Areals: Reglement unter den Kriterien «D1 Klimaangepasster Aussenraum».