Minergie in Spitälern

Bern

Praxisbeispiel Spital - 20 Jahre Minergie
SHGZ

Spitäler sind komplexe Bauwerke. Das Wohl der Patienten und optimale Abläufe stehen an erster Stelle. Spielen Minergie-Anforderungen dabei überhaupt eine Rolle? Ja – das zeigen prominente Beispiele wie das neue Bettenhaus des Zürcher Stadtspitals Triemli, verschiedene Gebäude des Berner Inselspitals oder das geplante Kantonsspital Uri. Zusammen mit zahlreichen Alters- und Pflegeheimen sind über 150 Spitalgebäude in der Schweiz Minergie-zertifiziert.

Leuchtturmprojekt: Kantonsspital Münsterlingen Minergie-P

Das Kantonsspital Münsterlingen ist mit seiner Minergie-P Zertifizierung eines der zukunftsweisenden Spitäler. Bei laufendem Betrieb entstand in rund fünf Jahren ein Neubau und bestehende Gebäude aus den 70er Jahren wurden modernisiert.

Gegründet wurde das Kantonsspital bereits 1840 in einem Benediktinerinnen-Kloster. Die ursprüngliche Anlage blieb erhalten und erfuhr mehrere Erweiterungen. Der Neubau «3i» bietet nun Raum für zehn OPs, eine Intensivstation, die Ambulanz und die zentrale Sterilgutversorgungsanlage für den Kanton Thurgau.

Ein energieeffizientes Spital ist keine einfache Aufgabe

Dr. Marc Kohler, CEO Spital Thurgau AG, erklärt die Beweggründe für die Minergie-P Zertifizierung: «Die Spital Thurgau soll und will im Kanton möglichst breit eine Vorreiterrolle übernehmen. Das gilt auch für die Energieeffizienz bei Neubauprojekten.» Bei den speziellen Bedürfnissen eines Spitals sei das jedoch nicht ganz einfach gewesen: «Im Projekt 3i haben wir die Operations- und Intensivpflegestationen (OPS und IPS), Zentralsterilisation und Teile der Sprechstundenräume neu gebaut. Im Kernbereich OPS und IPS ist die effiziente Energienutzung aber sicher nicht das zentrale Thema – für die Patientinnen und Patienten geht es nur um medizinische Qualität und Sicherheit. Diese Räume sind aufgrund ihrer Nutzung allein nicht fähig für den Minergie-P-Standard. Unter Einbezug weiterer Spitalräumlichkeiten (Bettenstationen, etc.) war es möglich, diesen Level zu erreichen.»

Das Münsterlinger Spital ist der erste reine Spitalbau der Schweiz nach Minergie-P: Die Gebäudehülle des Neubaus ist hochwertig gedämmt, die Haustechnik energetisch optimiert. Geheizt wird vollständig durch Prozessabwärme, gekühlt mit Seewasser und die Photovoltaikanlage deckt rund 95 Prozent des Strombedarfes für die Wärme- und Kälteerzeugung.

Leuchtturmprojekt: Bürgerspital Solothurn Minergie-ECO

Eine Glasfassade, viel Tageslicht und nur wenig tragende Wände, dafür eine Stützkonstruktion - diese Aspekte erlauben dem neuen Bettenhaus des Bürgerspitals Solothurn eine optimale Atmosphäre für die Patienten und Mitarbeitenden. Zudem bieten sie viel flexible Raumgestaltung. Noch ist der Bau nicht fertig. Doch die Vorfreude unter den Mitarbeitenden steigt schon jetzt: «Es lässt sich erahnen, wie es sich anfühlen wird, hier zu arbeiten», freut sich Urs Studer, Verantwortlicher für die Infrastruktur im Bürgerspital, in einem Interview mit der Solothurner Zeitung.

Viel natürliches Licht für Mitarbeitende und Patienten

Eine Besonderheit wird die markante Fassade sein: Sie sorgt mit fixen, hervorspringenden Elementen für ausreichend Licht und Schatten in den 139 Patientenzimmern, die alle entlang der Fensterfronten angeordnet sind. Schliesslich ist das Sonnenlicht ein wichtiger Faktor für das Wohlergehen der Patienten.

Die optimale Nutzung des Tageslichtes ist denn auch eine Anforderung der ECO-Auszeichnung, für die man sich ganz bewusst entschieden habe. Ein weiterer wichtiger Faktor: Für die Auszeichnung mit Minergie-ECO ist eine einfache Um- und Rückbaufähigkeit gefordert. Das spielt den Spitalbauern in die Karten, denn auch für sie sind flexible Strukturen wichtig, um die Räume schnell und kostengünstig an neue Bedürfnisse anzupassen, etwa neue Medizintechnik oder Behandlungsverfahren.

Geplant flexibel

Die Bereiche für Patienten, Büros und Haustechnik sind in Solothurn klar voneinander getrennt. «Das erleichtert nicht nur die einzelnen Abläufe, sondern erlaubt auch später eventuell nötige Umnutzungen und sorgt für kostengünstige Unterhaltsarbeiten», erläutert Alfredo Pergola, Gesamtprojektleiter des kantonalen Hochbauamts, gegenüber dem Gesundheitsmagazin impuls. So werde über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis erreicht.

Erstes Minergie-ECO-Spital

Beim Solothurner Bürgerspital hat man bereits beim Bau auf strenge Gesundheitsrichtlinien geachtet. Zudem wird beispielsweise durch Recyclingbeton – eine weitere Anforderung von Minergie-ECO – der Anteil der Grauen Energie gesenkt. Der Neubau ist das erste Spital der Schweiz nach den neuen Minergie-ECO Anforderungen. Schadstoffe müssen draussen bleiben: «Bettenhäuser gab es schon in Minergie-ECO, aber Behandlungsräume konnten nicht zertifiziert werden, da die flüchtigen Stoffe in gewissen Oberflächen nicht zulässig sind. Da wir aber sowohl Behandlungs- als auch Bettenzimmer bauen, wollten wir beides zertifizieren», sagt Projektleiter Alfredo Pergola im Baublatt vom 9. Juni 2017. In enger Zusammenarbeit konnten Minergie und das Hochbauamt gemeinsame Lösungen finden.

Nicht Heizen, sondern Kühlen als Herausforderung

Bei der Minergie-ECO Auszeichnung wird viel Wert auf die Nutzung von Prozessenergie gelegt. So wird das gesamte Gebäude mit erneuerbaren Energien geheizt. Die Herausforderung stellte sich aber an anderer Stelle: «Uns war von Anfang an klar, dass nicht das Heizen mit Wärmepumpen für die erforderlichen Leistungen massgebend sein wird, sondern eher das Kühlen des Gebäudes», erklärt Pergola im selben Baublatt-Artikel. Dies wird mit Aarewasser erfolgen.

Noch einen draufgesetzt: Inselspital Bern mit Minergie-P-ECO

Das Berner Inselspital setzt sogar noch einen oben drauf und strebt eine Minergie-P-ECO Zertifizierung an. Damit wird es zum Pionierprojekt. Einen höheren Minergie-Baustandard weist bisher kein anderer Spitalbau auf.

Weitere Spitäler mit Minergie-Zertifizierung:

- Bettenhaus Zürcher Stadtspital Triemli (Minergie-P-ECO)

- Kantonsspital Uri (in Planung, provisorische Zertifizierung: Minergie-P-ECO)